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Brief für Steuerpflichtige im Privatbereich des Monats August 2012


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Abschirmung gegen Elektrosmog ist außergewöhnliche Belastung

2.

Veranlagung zur Einkommensteuer trotz bestandskräftiger Ablehnung des Antrags?

3.

Umsatzsteuer für "ebay"-Verkäufer

4.

"Big Brother"-Gewinn muss versteuert werden

5.

Rückwirkende Nachweisanforderungen von Krankheitskosten sind verfassungsgemäß

6.

Zugang des Ablehnungsbescheids zum Kindergeld muss nachgewiesen werden

7.

Umwandlung Girokonto in Pfändungsschutzkonto gebührenpflichtig?

8.

Pflichtteilsberechtigung eines Abkömmlings bei Verzicht eines anderen

9.

2-Monats-Frist des AGG gilt auch für andere Schadensersatzklagen

10.

Steuerliche Liebhaberei in der Pferdehaltung

11.

Schenkungsteuer vom Schenker trotz Entrichtung durch den Bedachten?

12.

Kürzung der Pendlerpauschale bei neuen Tatsachen?

13.

Mindesthöhe für die Verzinsung eines Geldbetrages?

14.

Doppelbesteuerung einer deutsch-französischen Erbschaft?

15.

Wechsel zur Fahrtenbuchmethode im laufenden Kalenderjahr unzulässig

16.

Wohnhaussanierungen als außergewöhnliche Belastungen?

17.

Wann müssen Arbeitnehmer ihren Dienstwagen nach Kündigung zurückgeben?

18.

Anspruch auf bestimmten Inhalt einer verbindlichen Auskunft?

19.

Gaspreiserhöhung muss angekündigt werden

20.

Falschangaben über Urlaubsabgeltung im Kündigungsschreiben anfechtbar?

21.

Geltendmachung von Urlaubsabgeltung im laufenden Urlaubsjahr?

22.

Falschauskunft des Arbeitgebers kann Indiz für Diskriminierung sein



1. Abschirmung gegen Elektrosmog ist außergewöhnliche Belastung

Kernproblem
Der Mensch ist immer häufiger elektromagnetischer Strahlung durch Mobilfunk oder WLAN ausgesetzt. Ob das Auswirkungen auf die Gesundheit hat, ist wissenschaftlich umstritten. Wenn schon der medizinische Aspekt fragwürdig ist, dann mag das für eine steuerliche Einschätzung erst recht gelten, falls Kosten der Abschirmung gegen Elektrosmog Eingang in die Steuererklärung finden. Noch vor 2 Jahren hätte ein solcher Antrag auf Abzug als außergewöhnliche Belastungen wenig Erfolgsaussichten gehabt. Die Rechtsprechung hat sich jedoch zugunsten der Steuerpflichtigen entwickelt, was das Finanzamt durch Gesetzesauslegung verhindern wollte. Doch das hilft nicht immer.

Sachverhalt
Die Erwerberin einer im Rohbau befindlichen Eigentumswohnung litt seit Jahren unter Migräne und Tinnitus. Ihre Ärztin diagnostizierte eine ausgeprägte Elektrosensibilität und empfahl die Durchführung von Abschirmmaßnahmen gegen Elektro-Hochfrequenzstrahlung in der neuen Wohnung. Auch ein Ingenieur für Baubiologie und Umwelttechnik bestätigte wegen stark auffälliger Hochfrequenzimmissionen unbedingten Handlungsbedarf. So wendete die Bauherrin 17.075 EUR zum Schutz vor Radio-, Fernseh- und Mobilfunkwellen auf. Das Finanzamt lehnte den Abzug als außergewöhnliche Belastungen mit Hinweis auf das fehlende amtsärztliche Gutachten ab. So standen die Chancen nach der rückwirkenden Einführung des formalisierten Nachweisverlangens von Krankheitskosten durch den Gesetzgeber vor dem Finanzgericht Köln eher schlecht.

Entscheidung
Die Richter ließen den steuerlichen Abzug zu, denn nicht nur medizinisch unbedingt notwendige Aufwendungen im Sinne einer Mindestversorgung seien begünstigt. Gleiches gelte für Kosten aller diagnostischen oder therapeutischen Verfahren, deren Anwendung im Erkrankungsfall gerechtfertigt sei. Dem Gericht reichte das ärztliche Privatgutachten und das Gutachten des Baubiologieingenieurs zur freien Beweiswürdigung aus. Auch von dem mittlerweile gesetzlich geforderten amtsärztlichen Nachweis ließ sich der Senat nicht beirren, denn Umbaumaßnahmen an einem Gebäude seien hiervon nicht erfasst. Vom Finanzamt unterstellte werterhöhende Herstellungskosten lägen nicht vor, weil die Maßnahmen für einen durchschnittlichen Mieter eher eine erhebliche Einschränkung der Telefon- und Internetnutzung darstellen würden.

Konsequenz
Einmal mehr hat ein Gericht rechtskräftig das formalisierte Nachweisverlangen für Maßnahmen an einem Gebäude nicht gelten lassen. So urteilte bereits der Bundesfinanzhof (BFH) im Fall von Haussanierungen.

2. Veranlagung zur Einkommensteuer trotz bestandskräftiger Ablehnung des Antrags?

Rechtslage
Besteht das Einkommen aus Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, die dem Lohnsteuerabzug unterliegen, wird davon ausgegangen, dass die Einkommensteuer durch den Abzug bereits abgegolten ist. Eine Veranlagung kann dann nur auf Antrag durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung vorgenommen werden. Hat das Finanzamt einen Antrag auf Veranlagung bestandskräftig abgelehnt, ist eine Veranlagung weder nach altem noch nach neuem Recht zur Antragsveranlagung durchzuführen.

Sachverhalt
Der Kläger reichte seine Einkommensteuererklärung für 2001 im März 2004 beim beklagten Finanzamt ein. Neben positiven Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit erklärte er einen Verlust aus Gewerbebetrieb aus der Beteiligung an einer atypisch stillen Gesellschaft. Das Finanzamt lehnte die Veranlagung ab, da die Voraussetzungen zur Veranlagung von Amts wegen nicht vorlagen und der Antrag auf Veranlagung nicht fristgerecht gestellt wurde. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, der im Oktober 2005 negativ beschieden wurde. Eine Klage wurde hiergegen nicht erhoben. Im Dezember 2005 erging für die stille Gesellschaft ein Bescheid in dem für den Kläger ein Verlust aus Gewerbebetrieb festgestellt wurde. In der Folgezeit beantragte der Kläger wiederholt die Einkommensteuerveranlagung für 2001.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied, dass eine Einkommensteuerveranlagung nicht durchzuführen ist. Gemäß den Regelungen zur Antragsveranlagung in der für das Jahr 2001 geltenden Fassung, ist der Antrag innerhalb einer 2-Jahres-Frist zu stellen. Diese hat der Kläger versäumt. Mit dem Jahressteuergesetz 2008 wurde die Antragsfrist aufgehoben. Statt dessen gilt die 4-jährige Festsetzungsfrist. Die Regelung ist jedoch erstmals auf den Veranlagungszeitraum 2005 anzuwenden und in den Fällen, in denen am 28.12.2007 über den Antrag auf Veranlagung nicht bestandskräftig entschieden wurde. Das Finanzamt hatte aber bereits über den Antrag vom März 2004 bestandskräftig entschieden. Der neuen Antragstellung kommt keine Bedeutung zu, insbesondere wird durch die Rechtsänderung kein neues Antragsrecht begründet. Auch hat die Bindungswirkung des Feststellungsbescheides für die stille Gesellschaft keine Auswirkung auf die spezialgesetzlich geregelten Veranlagungstatbestände.

Konsequenz
Die Entscheidung verdeutlicht nochmals, dass Bescheide stets offen zu halten sind, sofern Änderungen erwünscht sind.

3. Umsatzsteuer für "ebay"-Verkäufer

Kernaussage
Privatpersonen, die über ebay Gegenstände veräußern, kommen in der Regel nicht auf die Idee, die erzielten Einnahmen der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Dies dürfte für gelegentliche Verkäufe zutreffen, mit zunehmender Zahl von Verkäufen steigt jedoch auch das Risiko, steuerlich erfasst zu werden.

Sachverhalt
Ein Ehepaar veräußerte zwischen 2001 und 2005 ca. 1200 Gegenstände, die sie diversen Produktgruppen zugeordnet hatten (z. B. Märklin, Steiff, Sigikid etc.). Die Einnahmen aus diesen Veräußerungen stiegen stetig an und erreichten in 2005 ca. 35.000 EUR. Das Ehepaar erfasste die Einnahmen weder in der Einkommensteuererklärung noch umsatzsteuerlich. Durch Anzeige eines Dritten wurde die Steuerfahndung auf das Ehepaar aufmerksam. Aufgrund der Fahndungsergebnisse unterwarf das Finanzamt sämtliche Einnahmen der Umsatzsteuer. Hiergegen wendete sich das Ehepaar mit dem Argument, lediglich private Sammlungen veräußert zu haben. Diese seien nicht in der Absicht der Wiederveräußerung angeschafft worden, so dass kein gewerbsmäßiges Handeln vorliege.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) folgt dem Ergebnis der Vorinstanz. Demnach war das Ehepaar nachhaltig mit der Absicht tätig, Einnahmen zu erzielen. Entscheidend hierfür war, dass die Verkäufe des Ehepaares vom Umfang und der mit dem Vertrieb verbundenen Organisation her der Tätigkeit eines Händlers ähnelten. Unerheblich war dagegen, dass der Einkauf der Gegenstände nicht mit der Absicht der späteren Veräußerung erfolgte. Die Umsätze unterliegen der Umsatzsteuer, da die Grenze für Kleinunternehmer (17.500 EUR) überschritten wurde.

Konsequenz
Wer umfangreich über ebay oder ähnliche Internet-Plattformen handelt, sollte sich der steuerlichen Konsequenzen bewusst sein. Die Finanzbehörden versuchen schon seit längerem, Internethändlern auf die Spur zu kommen. Auch neigt die gewerbliche Konkurrenz dazu, auffälliges Verhalten anzuzeigen. Solange die Kleinunternehmergrenze nicht überschritten wird, bleibt dies zumindest für die Umsatzsteuer ohne Folgen. Zu beachten ist, dass der Verkauf einer privaten Sammlung im Regelfall nicht der Umsatzsteuer unterliegt, sofern diese den Abschluss der Sammlertätigkeit bildet. Der BFH sah dies jedoch im vorliegenden Fall nicht als gegeben an, da das Ehepaar zahlreiche "Sammlungen" mit erheblichem Aufwand veräußerte.

4. "Big Brother"-Gewinn muss versteuert werden

Kernaussage
Der Gewinn des "Big-Brother"-Siegers ist steuerpflichtig. Er ist mit einem Lotto- oder Wettspielgewinn nicht vergleichbar.

Sachverhalt
Der Kläger nahm an der 5. Staffel der Fernsehsendung "Big Brother" teil. Im Rahmen dessen verpflichtete er sich zu umfangreichen Tätigkeiten, insbesondere zum Wohnen im "Big Brother"-Haus. Im Verlauf der Staffel wurden die Bewohner des Hauses fast ständig gefilmt. Die Rechte am Bild- und Tonmaterial wurden der Produktionsfirma abgetreten. Als pauschales Entgelt erhielt der Kläger - wie alle anderen Teilnehmer - wöchentlich 250 EUR. Darüber hinaus hatte jeder Teilnehmer die Chance, vom Publikum zum Sieger gekürt zu werden. Für den Sieger war ein Preisgeld von 1 Mio. EUR ausgelobt. Nachdem das Publikum den Kläger zum Sieger bestimmt hatte, zahlte die Produktionsfirma das Preisgeld aus. Das Finanzamt unterwarf diese Zahlung als sonstige Einkünfte der Einkommensteuer. Hiermit war der Kläger nicht einverstanden, verlor aber schließlich auch vor dem Bundesfinanzhof (BFH).

Entscheidung
Nach Ansicht der Richter sei zwar nicht jede Einnahme, die auf ein Verhalten des Steuerpflichtigen zurückzuführen sei, steuerpflichtig. Allerdings stelle das "Big Brother"-Preisgeld, anders als z. B. ein Lottogewinn, eine Gegenleistung zu einer vorab erbrachten Leistung des Klägers dar. Daher bestünde hier eine wechselseitige Verknüpfung zwischen Leistung (Wohnen und Auftreten im "Big Brother"-Haus) und Gegenleistung (Preisgeld). Es sei insoweit unerheblich, dass bei Ausübung der Tätigkeit lediglich eine vage Chance bestanden habe, das Preisgeld zu erlangen. Dies sei typisch für Casting- und Talent-Shows. Demgegenüber sei z. B. ein Lottogewinn nicht mit einer Leistungspflicht des Spielers verknüpft. Bei einem derartigen Glücksspiel sei die einzige vom Spieler erbrachte Leistung der Kauf des Loses. Dies begründe zwar bereits die Chance eines späteren Gewinns; gleichwohl stelle der Gewinn keine Gegenleistung zum Loskauf dar. Demgegenüber müsse der Teilnehmer einer Casting- oder Talentshow weitergehende Leistungen erbringen, um sich die Gewinnchancen zu erhalten respektive zu steigern.

Konsequenz
Preisgelder aus Casting- oder Talentshows sind als sonstige Einkünfte steuerpflichtig. Sie stellen eine Gegenleistung zu der im Rahmen der Show erbrachten Leistungen dar. Demgegenüber bleiben Gewinne aus Glücksspielen steuerfrei.

5. Rückwirkende Nachweisanforderungen von Krankheitskosten sind verfassungsgemäß

Kernproblem
Im November 2010 hatte der Bundesfinanzhof (BFH) seine ständige Rechtsprechung zum Nachweis der Zwangsläufigkeit bestimmter Aufwendungen im Krankheitsfall und deren Abzugsfähigkeit als außergewöhnliche Belastungen komplett umgekrempelt. War vormals die medizinische Indikation der Behandlung durch ein vorab gefertigtes amtsärztliches oder vertrauensärztliches Gutachten oder ein Attest eines anderen öffentlich-rechtlichen Trägers nachzuweisen, sollte zukünftig mangels gesetzlicher Regelung eine freie Beweiswürdigung stattfinden. Der Gesetzgeber sah sich daraufhin veranlasst, die alte Rechtslage durch Gesetzesänderung wieder herbeizuführen und das formalisierte Nachweisverlangen rückwirkend anzuordnen. Das geschah mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011. Der BFH musste sich jetzt erstmals mit der Verfassungsmäßigkeit der Rückwirkung beschäftigen.

Sachverhalt
Der Sachverhalt entsprach denen, die noch zum Ende des Jahres 2010 (vor der Gesetzesänderung) für Furore gesorgt hatten. Eheleute machten die Kosten für einen im Jahr 2006 durchgeführten Kuraufenthalt als außergewöhnliche Belastungen geltend. Die medizinische Notwendigkeit der Kur war jedoch nicht durch ein vor Kurbeginn ausgestelltes amtsärztliches oder vergleichbares Attest belegt, weshalb der Antrag bei Finanzamt und Finanzgericht scheiterte.

Entscheidung
Der BFH toleriert die rückwirkende Gesetzesänderung und wies die Revision zurück. Auf die strenge Art des Nachweises könne nach geltendem Recht nicht mehr verzichtet werden. Eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung sei hierbei nicht zu beklagen, denn dem Gesetzgeber ist es unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht verwehrt, eine Rechtslage rückwirkend festzuschreiben, die vor einer Rechtsprechungsänderung einer gefestigten Rechtsprechung und einheitlichen Rechtspraxis entsprach.

Konsequenz
Weil der Streitfall das Jahr 2006 und damit einen Zeitraum betraf, in dem das Nachweisverlangen der ständigen Rechtsprechung entsprach, musste der BFH auch nicht über eine im Vertrauen auf die erfolgte Rechtsprechungsänderung getätigte Disposition in der Zeit nach November 2010 urteilen. Hier hätte die Entscheidung (zumindest bis zur Einbringung der Gesetzesinitiative im März 2011) anders lauten können. Es bleibt abzuwarten, ob dennoch gegen das Urteil Verfassungsbeschwerde eingelegt wird.

6. Zugang des Ablehnungsbescheids zum Kindergeld muss nachgewiesen werden

Kernproblem
Der Umgang mit den Familienkassen, die für die Festsetzung des Kindergelds zuständig sind, stellt sich wegen der Bewältigung in diesem "Massengeschäft" häufig als schwierig dar. Hat ein Kind das 18. Lebensjahr vollendet und befindet sich weiterhin in Schul- oder Berufsausbildung, verlangt die Behörde für eine Weiterzahlung des Kindergeldes entsprechende Nachweise. Bis zum Jahr 2011 kam noch die Überprüfung der Unschädlichkeitsgrenze eigener Einkünfte und Bezüge des Kindes hinzu. Dass hier einmal Nachweise "verlorengehen", lässt sich mit ein bisschen Phantasie vorstellen. Ergehen rechtswidrig ablehnende Bescheide, sind die Einspruchsfristen zu beachten, um den Anspruch nicht zu verlieren.

Sachverhalt
Im Streitfall hatte die Familienkasse die Einstellung der Kindergeldzahlungen mit Vollendung des 18. Lebensjahres im April 2009 angekündigt. Die Mutter beantragte umgehend die Weiterzahlung wegen Schulausbildung der Tochter. Die nach Anforderung und dem Vortrag der Mutter mehrfach übersandte Schulbescheinigung hatte offensichtlich nicht den Weg in die Akte des zuständigen Sachbearbeiters gefunden. Auch Rückfragen zum Sachstand waren wegen häufiger Sachbearbeiterwechsel unbeantwortet geblieben. Im Januar 2010 wurde der Antrag der Mutter abgelehnt, weil die notwendigen Unterlagen nicht vorgelegt worden seien. Im August 2010 beantragte die Mutter mit Verweis auf die bereits vorliegenden Nachweise erneut Kindergeld. Dem Antrag entsprach die Familienkasse erst für die Zeit ab Februar 2010, weil der Ablehnungsbescheid vom Januar 2010 insoweit eine zeitliche Sperrwirkung bis zum Zeitpunkt seines Ergehens entfalte. Das empfand die Mutter als ungerecht und klagte vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz.

Entscheidung
Die Richter sprachen der Mutter für den gesamten Zeitraum Kindergeld zu, denn die Bekanntgabe des Ablehnungsbescheids lasse sich nicht feststellen. Die Behörde habe im Zweifel Zugang und Zeitpunkt nachzuweisen. Nach Auffassung des Gerichts war der Nachweis nicht gelungen, denn der Bescheid enthalte keinen Absendevermerk der Poststelle und die Familienkasse habe sich hierzu trotz Nachfragens im Verfahren nicht geäußert. Dagegen seien aus den Ausführungen der Mutter keine Anhaltspunkte (versehentlich oder bewusst) für den Zugang zu entnehmen, zumal ihre Ausführungen im Übrigen glaubhaft seien. Damit entfalte der Ablehnungsbescheid mangels Bekanntgabe keine Wirksamkeit.

Konsequenz
Es scheint so, als habe sich das Finanzgericht von dem gerechten Ergebnis leiten lassen. Dass die Richter einen Bekanntgabefehler der Behörde erkannt haben, obwohl die Mutter offenbar nicht explizit hierauf hingewiesen hat, ist eher ungewöhnlich.

7. Umwandlung Girokonto in Pfändungsschutzkonto gebührenpflichtig?

Rechtslage
Ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) gewährt automatisch den Pfändungsschutz in Höhe des derzeitigen Freibetrags. Dieser Betrag ist als Existenzminimum vor dem Zugriff von Gläubigern geschützt. Seit dem 1.7.2010 kann sich der Schuldner nur noch auf diesem Wege vor Kontopfändungen schützen, denn die frühere Möglichkeit einer Aufhebung der Pfändung durch das Vollstreckungsgericht ist entfallen. Die Banken erfüllen mit der Führung der P-Konten eine gesetzliche Pflicht, weshalb sie hierfür auch kein höheres Entgelt verlangen können.

Sachverhalt
Die beklagte Direktbank erhebt für die Führung des Girokontos keine Gebühren. In der Leistung enthalten sind auch die Teilnahme am Online-Banking, die "ec/Maestro-Karte" und die Visakarte. Für die Führung eines P-Kontos erhebt die Beklagte dagegen eine monatliche Gebühr über 10,90 EUR. Nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind die Nutzung der Karten sowie die weitere Bereitstellung eines Dispokredits nach Umwandlung des Girokontos in ein P-Konto nicht mehr möglich. Ferner besteht kein Anspruch auf Rückumwandlung des P-Kontos in ein Girokonto. Gegen die Verwendung dieser Klauseln klagte der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände und bekam Recht.

Entscheidung
Die beanstandeten Klauseln der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Direktbank sind unwirksam, da sie der gesetzlichen Inhaltskontrolle nicht standhalten. Sie benachteiligt den Kunden unangemessen. Ein höheres Entgelt ist nicht gerechtfertigt, denn mit der Führung der P-Konten erfüllt die Bank ihre gesetzliche Pflicht. Eine echte Gegenleistung wird somit nicht erbracht, weshalb die Erhebung des Sonderentgelts unwirksam ist. Die Klausel über den Wegfall der Nutzungsmöglichkeit der Karten ist unwirksam, da es der Kündigungserklärung und eines Kündigungsgrundes seitens der Bank bedarf. Die Klausel über die weitere Bereitstellung des Dispokredits ist unklar, denn es wird nicht deutlich, ob der Kunde nach Umwandlung den Kredit sofort zurückzahlen muss, mit einer Kündigung zu rechnen hat oder nur höhere Zinsen zahlen muss. Schließlich ist auch der Ausschluss der Rückumwandlung unwirksam, denn dem Kunden kann der Schutz des Existenzminimums nicht aufgezwungen werden.

Konsequenz
Unter Verweis auf diese Entscheidung sind die Sonderentgelte, die im Zusammenhang mit der Führung der P-Konten vereinnahmt wurden, von den Banken zurückzufordern. Zukünftigen Abrechnungen über diese Sonderentgelte sollte widersprochen werden.

8. Pflichtteilsberechtigung eines Abkömmlings bei Verzicht eines anderen

Kernfrage
Kinder sind gegenüber ihren Eltern pflichtteilsberechtigt. Fallen die Kinder aus (z. B. weil sie verstorben sind), treten die Enkel an die Stelle der Kinder und sind (dann gegenüber ihren Großeltern) pflichtteilsberechtigt. Allerdings sieht das Pflichtteilsrecht vor, dass "nachrangige" Pflichtteilsberechtigte von der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen ausgeschlossen sind, wenn "vorrangige" Pflichtteilsberechtigte vorhanden sind. Beseitigt werden kann der Pflichtteil dabei nur durch einen notariellen Pflichtteilsverzicht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte jetzt zu entscheiden, wie weit der Ausschluss von "nachrangigen" Pflichtteilsberechtigten reicht, wenn der "vorrangige" Pflichtteilsberechtigte vorab einen notariellen Verzicht auf Erb- und Pflichtteil erklärt hat.

Sachverhalt
Die Beklagte ist die einzige Tochter des Erblassers. In einem notariellen Erbvertrag hatte sie zunächst für sich alleine (nicht für ihre Abkömmlinge) einen Erb- und Pflichtteilsverzicht erklärt. Die Klägerin ist die einzige Tochter der Beklagten (und Enkelin des Erblassers). Andere Abkömmlinge existieren nicht. Jahre nachdem die Beklagte ihren Erb- und Pflichtteilsverzicht erklärt hatte, setzte sie der Erblasser zu seiner Alleinerbin ein. Nach dem Tode des Erblassers nahm die Klägerin die Beklagte aus Pflichtteilsansprüchen in Anspruch.

Entscheidung
Der BGH gab der klagenden Enkelin Recht und hob das anders lautende Urteil der Vorinstanz auf. Die Ausschlussnorm des Pflichtteilsrecht, nach der "nachrangige" Pflichtteilsberechtigte bei Existenz "vorrangiger" Pflichtteilsberechtigter ausgeschlossen sind, greife hier nicht ein. Denn die Norm diene dazu, zu verhindern, dass in einem Erbenstamm mehrmals ein Pflichtteilsanspruch entstehen könne. Dies sei hier aber gerade nicht der Fall. Denn die "vorrangige" Pflichtteilsberechtigte hatte wirksam auf ihr Erb- und Pflichtteilsrecht verzichtet; sie galt also als vorverstorben. Dass sie durch den Erblasser dann mit Testament zur Alleinerbin eingesetzt worden sei, sei zulässig, für die Frage des Bestehens eines Pflichtteilsanspruches aber nicht maßgeblich. Im Ergebnis komme es dazu, dass die klagende Enkelin den Pflichtteilsanspruch des Erbenstammes geltend machen könne.

Konsequenz
Der Entscheidung ist zuzustimmen. Denn mit dem notariellen Erb- und Pflichtteilsverzicht haben Erblasser und "vorrangiger" Pflichtteilsberechtigter dafür gesorgt, dass sich der Kreis der pflichtteilsberechtigten Erben verändert. Entsprechend ist der Pflichtteilsanspruch auf die "nachrangigen" Pflichtteilsberechtigten im Stamm übergegangen. Jedenfalls gilt dies in den Fällen, in denen nur ein Erbenstamm existiert. Hätte man diese Rechtsfolge vermeiden wollen, hätte die "vorrangige" Pflichtteilsberechtigte auch für ihre Abkömmlinge auf den Pflichtteil verzichten müssen.

9. 2-Monats-Frist des AGG gilt auch für andere Schadensersatzklagen

Kernfrage
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sieht für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen eine Ausschlussfrist von 2 Monaten vor. Werden die Ansprüche später geltend gemacht, sind sie verwirkt. Diese Norm des deutschen Rechts ist vom Europäischen Gerichtshof als europarechtskonform bestätigt worden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nun - ergänzend - darüber zu entscheiden, wann die 2-Monats-Frist beginnt und wie die Reichweite der Norm zu verstehen ist.

Sachverhalt
Gestützt auf verschiedene Anspruchsgrundlagen auch außerhalb des AGG hatte eine abgelehnte Bewerberin auf Schadensersatz geklagt, die sich mit 41 Jahren auf eine Stellenausschreibung für Arbeitnehmer im Alter zwischen 18 und 35 Jahren beworben hatte und nicht eingestellt worden war. Mit ihrer Klage hatte sie eine durch die Stellenanzeige indizierte Diskriminierung wegen Alters geltend gemacht. Ihre Klage hatte sie nach 2 Monaten und 10 Tagen eingereicht.

Entscheidung
Aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, der in dieser Sache die 2-monatige Ausschlussfrist im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens für europarechtskonform erklärt hatte, stellte das BAG fest, dass die Klage verfristet war. Die 2-monatige Ausschlussfrist beginne in dem Moment zu laufen, in dem der Arbeitnehmer/Bewerber von der möglichen Diskriminierung Kenntnis erlange (hier: mit Mitteilung der Nichteinstellung). Darüber hinaus erfasse die Ausschlussfrist alle Schadensersatzansprüche, die auf eine Diskriminierungshandlung gestützt wären. Mit anderen Worten, sie gilt auch dann, wenn der Schadensersatzanspruch auf eine Norm gestützt wird, die außerhalb des AGG liegt.

Konsequenz
Die Entscheidung ist zu begrüßen, weil sie klare Grundlagen für die Bestimmung des Fristlaufs im Rahmen der Ausschlussfrist festlegt; auch wenn es im Prozess streitig sein kann, wann Kenntnis von der Diskriminierung vorlag. Darüber hinaus stellt sie klar, dass sich Arbeitnehmer nicht auf sekundäre Anspruchsgrundlagen stützen können, um die Ausschlussfrist zu umgehen.

10. Steuerliche Liebhaberei in der Pferdehaltung

Kernaussage
Wird eine neben dem Kaufpreis hohe Investitionen erfordernde Reitanlage angeschafft, um die Altersvorsorge einer bereits 58-jährigen Person abzusichern, die als erfolgreiche Geschäftsführerin eines mittelständischen Industrieunternehmens über keinerlei Pferdewirtschaftswissen verfügt und auch nicht selbst reitet, wird der Betrieb nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben, wenn ein schlüssiges betriebswirtschaftliches Konzept, aus dem sich die Erzielbarkeit eines Totalgewinns entnehmen lässt, nicht besteht und die Investition lediglich mit den hohen Lohnsteuererstattungsansprüchen, welche die effektiv auszugleichenden Verluste mehr als übersteigen, erklärbar ist.

Sachverhalt
Streitig war die Gewinnerzielungsabsicht beim defizitären Betrieb einer Reitanlage. Eine vermögende Geschäftsfrau, die aus ihrer Geschäftsführertätigkeit ein Einkommen in Millionenhöhe erzielt, erwarb eine Reitanlage, die sie zunächst mit erheblichen Aufwand sanierte, ausbaute und anschließend verpachte. Nach dem Auslaufen des Pachtvertrages führte sie den Betrieb auf eigene Rechnung fort, ohne dass sie selbst über pferdespezifisches Wissen verfügte. Aufgrund der im Zuge der aufwendigen Sanierung angefallenen Abschreibungen sowie der hohen, laufenden Betriebskosten erwirtschaftete die Geschäftsfrau während des gesamten Betriebes jährlich Verluste im sechsstelligen Bereich. Infolge dessen unterstellte das Finanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung, dass der Betrieb der Reitanlage ohne Gewinnerzielungsabsicht erfolgte und erkannte die erzielten Verluste folglich steuerlich nicht mehr an.

Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) gab dem Finanzamt im Grunde Recht, da auch aufgrund der hohen Abschreibungen selbst für einen Zeitraum von 50 Jahren kein Totalgewinn erzielbar sei. Somit sei von Beginn an keine Gewinnerzielungsabsicht erkennbar gewesen. Zudem führte das FG aus, die Einschätzung werde dadurch bestärkt, dass die Geschäftsfrau durch die Verrechnung der Verluste mit den aus der nichtselbstständigen Tätigkeit stammenden Einkünften ihre Steuerbelastung erheblich senken konnte. So überstiegen die sich durch die Verlustverrechnung ergebenen Lohnsteuererstattungen sogar die Einlagen, die zur Aufrechterhaltung des dauerhaft defizitären Geschäftsbetriebs geleistet wurden. Wenngleich die betreffenden Steuerbescheide unter dem Vermerk der Vorläufigkeit ergangen waren, durften die Verluste aus den Anfangsjahren aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr aberkannt werden, da diese bereits verjährt waren und die Vorläufigkeitsvermerke hinsichtlich ihres Grundes und Umfanges nicht hinreichend bestimmt waren.

Konsequenz
Die Problematik der steuerlichen Liebhaberei im Bereich der Pferdehaltung ist grundsätzlich ein regelmäßig auftretendes Problem. Bemerkenswert bei der Bewertung des Reitbetriebs als Liebhaberei durch das FG ist in diesem Zusammenhang der explizite Verweis auf die nicht aus dem Reitbetrieb stammenden Einkünfte und den sich aus der Verlustverrechnung ergebenden Steuervorteil. Dies legt den Schluss nahe, dass seitens der Finanzverwaltung bzw. der Gerichte die Grenzen der Liebhaberei bei vermögenden Personenkreisen besonders eng ausgelegt werden.

11. Schenkungsteuer vom Schenker trotz Entrichtung durch den Bedachten?

Kernaussage
Erstattet das Finanzamt zu Unrecht Steuern, entsteht der ursprüngliche Steueranspruch nicht erneut.

Sachverhalt
Die Klägerin schenkte einer Freundin 2 Mio. EUR. Hierauf wurde Schenkungssteuer gegenüber der Freundin festgesetzt und von ihr entrichtet. Einen möglichen Steuererstattungsanspruch trat die Freundin an einen Dritten ab und erklärte dem Finanzamt gegenüber wahrheitswidrig, die Klägerin habe die Schenkung widerrufen. Wegen dieser Erklärung wurde der ursprüngliche Steuerbescheid geändert und die dort festgesetzte Steuerlast reduziert. Die zuviel gezahlte Steuer wurde daraufhin an den Dritten ausgekehrt. Als das Finanzamt merkte, dass die Schenkung keineswegs widerrufen worden war, setzte es die Steuer gegenüber der Freundin in ursprünglicher Höhe wieder fest. Da diese jedoch nur teilweise zahlte, erging ein gleichlautender Bescheid an die Klägerin. Zur Begründung wurde ausgeführt, sie schulde als Schenkerin die Schenkungssteuer. Die hiergegen gerichtete Klage blieb zunächst erfolglos. Der Bundesfinanzhof gab schließlich der Klägerin Recht.

Entscheidung
Die durch die Schenkung ausgelöste Steuer sei durch die Zahlung der Beschenkten erloschen. Die - aufgrund der Täuschung erlangte - Erstattung führe nicht dazu, dass der ursprüngliche Steueranspruch wieder auflebe oder neu begründet werde. Vielmehr sei der Rückforderungsanspruch des Finanzamtes aufgrund fehlerhafter Steuererstattung ein neuer - vom ursprünglichen Schenkungssteueranspruch losgelöster - Anspruch. Zwar gelte im Erbschaftsteuerrecht, dass sowohl Schenker als auch Beschenkter die Schenkungssteuer schulden, doch könne diese Regelung auf den Rückforderungsanspruch der Finanzverwaltung nicht angewandt werden. Die Umstände, die den Rückforderungsanspruch begründen, sind nämlich nicht in Person der Klägerin eingetreten. Die Klägerin schulde daher den erstatteten Betrag nicht. Hätte sich die Klägerin an wahrheitswidrigen Erklärung hinsichtlich des Widerrufs der Schenkung beteiligt, wäre gegebenenfalls eine Haftung für ausstehende Beträge in Betracht gekommen.

Konsequenz
Wird eine Steuer entrichtet, erlischt sie mit Wirkung für alle Steuerschuldner. Erschleicht sich danach einer der Steuerschuldner eine Erstattung, führt das nicht dazu, dass alle ursprünglichen Schuldner die Steuer wieder schulden. Nur derjenige, in dessen Person die zur Erstattung führenden Umstände bestehen, schuldet die zu Unrecht erstattete Steuer.

12. Kürzung der Pendlerpauschale bei neuen Tatsachen?

Kernproblem
Wird dem Arbeitnehmer ein Dienstwagen überlassen und ist ihm eine Nutzung zu privaten Zwecken sowie der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ausdrücklich untersagt, entsteht grundsätzlich kein Sachbezugswert, den es zu versteuern gilt. Kommt jedoch eine spätere Prüfung des Finanzamts zu dem Ergebnis, dass das Nutzungsverbot vom Arbeitgeber nicht kontrolliert wurde, kann es zur Nachversteuerung kommen. Hierfür kann der Arbeitgeber den anteiligen Sachbezug der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte lohnsteuerlich mit 15 % pauschalieren. Das gilt bis zu der Höhe, zu der der Arbeitnehmer auch Werbungskosten (üblicherweise durch Entfernungspauschale) geltend machen könnte. Der pauschal besteuerte Arbeitslohn bleibt bei einer Veranlagung des Arbeitnehmers außer Ansatz. Können sich aber trotzdem Nachteile beim Arbeitnehmer ergeben?

Sachverhalt
Einem Arbeitgeber wurde in einer Lohnsteueraußenprüfung die Nichtüberwachung des Verbots zur Privatnutzung eines überlassenen Dienstwagens vorgeworfen. Nachdem daraufhin vom Arbeitgeber die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte pauschal nachversteuert wurden, kam es auch für den Arbeitnehmer zu einem bösen Erwachen, denn das Finanzamt kürzte seine bei der Einkommensteuerveranlagung geltend gemachten Werbungskosten. Das war auch materiell rechtens, denn die pauschal besteuerten Bezüge sind zwar kein Arbeitslohn, mindern aber die abziehbaren Werbungskosten der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Der Arbeitnehmer wehrte sich nicht nur gegen den Vorwurf der Privatnutzung im Allgemeinen, sondern beanstandete auch die Änderung seiner bestandskräftigen Bescheide.

Entscheidung
Das Sächsische Finanzgericht erkannte neben der materiellen auch die formelle Rechtmäßigkeit der Änderung des Steuerbescheides an und wies die Klage des Arbeitnehmers ab. So stelle der beim Arbeitgeber festgestellte Umstand, dass die von dem Arbeitnehmer laut Arbeitsvertrag zu führenden Fahrtenbücher nicht hinreichend aussagekräftig waren und zudem nicht durch den Arbeitgeber kontrolliert worden sind, eine dem Finanzamt erst nach seiner ursprünglich erklärungsgemäßen Einkommensteuerfestsetzung bekannt gewordene "neue" Tatsache dar. Diese berechtige zu einer Änderung. Die vom Arbeitnehmer insoweit geltend gemachten Werbungskosten dürften dabei maximal in Höhe des absoluten pauschal besteuerten Nutzungsvorteils gekürzt werden.

Konsequenz
Wird ein Sachbezug beim Arbeitgeber nachversteuert, hat das zumeist auch Folgeauswirkung auf die Arbeitnehmerveranlagung. Im Pauschalierungsfall droht die Kürzung der Werbungskosten, auch wenn sich der Arbeitnehmer im konkreten Streitfall zurzeit noch durch Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof (BFH) wehrt.

13. Mindesthöhe für die Verzinsung eines Geldbetrages?

Kernaussage
Werden Anleger falsch beraten, hat die Bank die Einlagen als Schadensersatz zurückzuzahlen. Daneben wird auch ein entgangener Gewinn geschuldet, der grundsätzlich entgangene Anlagezinsen umfasst. Hierfür muss der Anleger aber zweifelsfrei darlegen, für welche Alternativanlage er sich bei fehlerfreier Beratung entschieden hätte. Denn es entspricht nicht schon dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, dass Anlagezinsen in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 4 % erzielt worden wären oder die Geldanlage überhaupt Gewinn abwirft.

Sachverhalt
Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse als Prospektverantwortliche und Anlageberaterin im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds auf Schadensersatz in Anspruch. Die Klägerin hatte bei der Beklagten ihr Geld bisher in Sparbüchern, Festgeldanlagen und Sparkassenbriefen angelegt. Bei der Neuanlage von 100.000 DM empfahl ihr der Anlagenberater einen geschlossenen Immobilienfonds. Wegen fehlerhaften Prospektangaben und wegen schuldhafter Verletzung begehrt die Klägerin die Rückzahlung der Einlagen sowie die Erstattung entgangener Anlagezinsen Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligungsrechte.

Entscheidung
Sowohl das Berufungsgericht als auch der Bundesgerichtshof sprachen der Klägerin einen Schadensersatzanspruch in Höhe der investierten Summe zu. Hinsichtlich der Erstattung entgangener Anlagezinsen wurde die Klage jedoch abgewiesen. Hierzu hätte die Klägerin zweifelsfrei darlegen müssen, für welche Alternativanlage sie sich entschieden hätte. Dies gelang nicht. Insbesondere konnte die Klägerin nicht beweisen, dass sie bei richtiger Aufklärung eine festverzinsliche Anlage gewählt und dort eine Mindestverzinsung von 4 % erzielt hätte. Dass eine Geldanlage überhaupt Gewinn abwirft, geschweige denn eine Mindestverzinsung, kann nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden. Insbesondere lagen die Umlaufrenditen von festverzinslichen Wertpapieren im Anlagezeitraum nach den Statistiken der Deutschen Bundesbank allenfalls bei 2 bis 3 %.

Konsequenz
Anlagen in Form von unternehmerischen Beteiligungen sind typischerweise nicht mit festen Verzinsungen bzw. garantierten Renditen verbunden sondern mit bloßen Gewinnchancen bei entsprechenden Risiken. Daher lassen sich entgangene Anlagezinsen nicht ohne weiteres einklagen.

14. Doppelbesteuerung einer deutsch-französischen Erbschaft?

Kernfrage
Die deutsche Erbschaftsteuer besteuert das gesamte Vermögen eines Erblassers unabhängig vom Ort, an dem es gelegen ist. Existiert auch Auslandsvermögen, wird dieses regelmäßig auch im ausländischen Staat einer Erbschaftsteuer unterworfen. Es kommt zur Doppelbelastung; jedenfalls dann, wenn kein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) besteht. Um diese Doppelbesteuerung abzumildern, sieht das deutsche Erbschaftsteuerrecht unter bestimmten Voraussetzungen eine (anteilige) Anrechnung der ausländischen Erbschaftsteuer auf die deutsche Erbschaftsteuer vor. Die Doppelbelastung bleibt aber bestehen. Das Finanzgericht Baden-Württemberg hatte über die Zulässigkeit dieser Doppelbesteuerung zu entscheiden; und zwar in einem Fall, in dem sich eine Gesamtsteuerbelastung von rd. 72 % ergab.

Sachverhalt
Geklagt und mit Verstößen gegen deutsches Verfassungsrecht sowie europäische Grundrechte begründet, hatte eine Erbin, die deutsches und französisches Kapitalvermögen geerbt hatte, das in Frankreich mit 55 % besteuert worden war. Sie wehrte sich gegen die parallel auf das französische Vermögen festgesetzte deutsche Erbschaftsteuer und machte geltend, diese müsse insgesamt, jedenfalls über die gesetzlichen Vorgaben hinaus angerechnet oder als Nachlassverbindlichkeit in der deutschen Erbschaftsteuerberechnung abgezogen werden.

Entscheidung
Die Klägerin unterlag vor dem Finanzgericht, allerdings wurde die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen und ist dort zurzeit rechtshängig. Zur Begründung führte das Gericht aus, das deutsche Gesetz sehe eine über die gesetzlichen Anrechnungsbestimmungen hinausgehende Anrechnung nicht vor. Diese Regelungen seien sowohl mit deutschem Verfassungsrecht als auch mit europäischem Recht vereinbar. Insbesondere verhalte es sich nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes so, dass die Mitgliedstaaten (noch) nicht verpflichtet seien, ihre Steuersysteme aufeinander abzustimmen. Das heißt, systematische Härten in einzelnen Steuerarten seien hinzunehmen. Einer Berücksichtigung der ausländischen Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit stehe die deutsche Gesetzesregelung entgegen, nach der die eigene Erbschaftsteuer gerade nicht Nachlassverbindlichkeit sein könne. Hier seien französische und deutsche Erbschaftsteuer gleich zu behandeln. Das geeignete Mittel diesen Systemfehler zu beheben, sei der Abschluss eines DBA.

Konsequenz
Die Entscheidung des BFH bleibt abzuwarten; allerdings erscheint eine Erbschaftsteuerbelastung insgesamt von über 50 % nach deutschem Verständnis unangemessen. Dabei wird es der Klägerin kein Trost sein, dass ihr Fall zum Abschluss des Erbschaftsteuer-Doppelbesteuerungsabkommens mit Frankreich geführt hat, auf das sie sich aber (noch) nicht berufen konnte. Aus Beratersicht sind angesichts des Revisionsverfahrens entsprechende Erbschaftsteuerbescheide offen zu halten.

15. Wechsel zur Fahrtenbuchmethode im laufenden Kalenderjahr unzulässig

Kernproblem
Die private Nutzung eines Dienstwagens ist für jeden Kalendermonat mit 1 % des Pkw-Listenpreises anzusetzen. Abweichend hiervon kann der Wert mit dem auf die private Nutzung entfallenden Teil der Kraftfahrzeugaufwendungen durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden. Der Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) müssen die Aufzeichnungen u. a. zeitnah, in geschlossener Form und unter Angabe des Gesamtkilometerstandes in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergegeben werden. Bisher noch höchstrichterlich ungeklärt ist die Frage, ob der Wechsel von der 1 %-Regel zur Fahrtenbuchmethode während des laufenden Kalenderjahres möglich ist, ohne dass ein Fahrzeugwechsel erfolgt.

Sachverhalt
Ein Angestellter und dreifacher Vater hatte von seinem Arbeitgeber einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt bekommen, der auch privat genutzt werden durfte. Zum 1.5. des Streitjahres begann er mit der Führung eines inhaltlich ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs, während vorher die 1 %-Methode angewendet wurde. Der Arbeitgeber ermittelte den Sachbezug ab Mai auf Basis des Fahrtenbuchs, was das Finanzamt anlässlich einer Lohnsteuer-Außenprüfung beanstandete. Das Finanzamt bezog sich auf die Verwaltungsanweisung, nach der bei demselben Kfz das Verfahren während des Kalenderjahrs nicht gewechselt werden darf. Der Familienvater begründete den Methodenwechsel mit der Geburt seines dritten Kindes und die eingeschränkte Privatnutzungsmöglichkeit des Dienstwagens wegen der Platzierung von 3 Kindersitzen. Nach ablehnender Einspruchsentscheidung des Finanzamts klagte er wegen familienfeindlicher Richtlinienanwendung vor dem Finanzgericht Münster.

Entscheidung
Das Gericht folgte der von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung, denn eine monatlich wechselnde Fahrtenbuchführung berge eine erhöhte Manipulationsgefahr und sei schwer überprüfbar. Die Richter sehen ein Fahrtenbuch nur dann als ordnungsgemäß an, wenn es für einen repräsentativen Zeitraum von mindestens einem Jahr geführt wird. Dagegen widerspreche ein monatlicher Wechsel zwischen der Fahrtenbuch- und der 1 %-Methode dem Vereinfachungs- und Typisierungsgedanken der gesetzlichen Regelung.

Konsequenz
Das Gericht hat die persönlichen Lebensumstände bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen. Ob das Bestand haben wird, kann jetzt der BFH überprüfen, denn dort ist die Revision wegen besonderer Bedeutung anhängig geworden.

16. Wohnhaussanierungen als außergewöhnliche Belastungen?

Kernproblem
Aufwendungen zur Wiederbeschaffung existenznotwendiger Gegenstände oder zur Beseitigung von Schäden aus Anlass eines unausweichlichen Ereignisses können als außergewöhnliche Belastung einkommensteuerlich abzugsfähig sein. Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht die Außergewöhnlichkeit z. B. im Zusammenhang mit einer durch Brand- oder Hochwasser ausgelösten "privaten Katastrophe". Bei der Sanierung von privatem Wohneigentum ist die Beurteilung der Außergewöhnlichkeit nicht einfach. Der BFH hat jetzt in 3 zeitgleich veröffentlichten "Sanierungs-Urteilen" positive Aussagen zur Abzugsfähigkeit gemacht.

Sachverhalte
In einem Fall hatten Eheleute die Sanierung eines gebraucht erworbenen Holzfertighauses mit einer unzumutbaren Geruchsbelästigung durch Holzschutzmittel begründet. Zudem befand sich die nach Erwerb des Hauses geborene Tochter bereits wenige Jahre nach ihrer Geburt wegen einer Atemwegserkankung in ärztlicher Behandlung. Der zweite Fall betraf die Beseitigung echten Hausschwamms in der Wohnung eines im Jahr 1900 erbauten Hauses. Hier hatte ein Sachverständiger für Holz- und Bautenschutz die umfassende Sanierung empfohlen. Im dritten Fall war die Asbestsanierung eines Reihenhauses ohne vorherige Einholung eines Gutachtens über gesundheitliche Gefahren streitbefangen. Die Finanzgerichte hatten überwiegend im Sinne der Verwaltung entschieden. Nur im Fall des Hausschwamms musste das Finanzamt in die Revision gehen; in den beiden anderen Fällen taten dies die Steuerpflichtigen.

Entscheidung
Der BFH hat entschieden, dass Aufwendungen für die Sanierung eines selbst genutzten Wohngebäudes als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sein können. Das gelte aber nicht für die Kosten der üblichen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen oder die Beseitigung von Baumängeln, denn solche seien keineswegs unüblich und nicht mit ungewöhnlichen Ereignissen vergleichbar. Allerdings dürfe der Grund für die Sanierung weder beim Erwerb des Grundstücks erkennbar gewesen noch vom Grundstückseigentümer verschuldet worden sein. Zudem müsse der Steuerpflichtige zunächst realisierbare Ersatzansprüche gegen Dritte verfolgen und den sich aus der Erneuerung ergebenden Vorteil anrechnen lassen.

Konsequenz
Im Fall der unzumutbaren Geruchsbelästigung hat das Finanzgericht jetzt über die Erkennbarkeit bei Erwerb des Objekts zu urteilen. Die Aufwendungen könnten aber alternativ auch durch die konkrete Gesundheitsgefährdung der Familie begründet sein. Die Gesundheitsgefährdung gilt es auch bei der Asbestsanierung zu prüfen; eine abstrakte Gefährlichkeit von Asbestfasern reicht nach Auffassung des BFH nicht aus. Die Saniererin des mit echtem Hausschwamm befallenen Gebäudes hat den Steuerabzug bereits gesichert, weil mit der konkreten Gefahr der Unbewohnbarkeit ein unabwendbares Ereignis vorlag. Der BFH hat zudem klargestellt, dass sich die Finanzverwaltung nicht auf das nachträglich gesetzlich verankerte Nachweisverlangen für Krankheitskosten berufen kann, weil dieses in Gebäudesanierungsfällen nicht einschlägig ist.

17. Wann müssen Arbeitnehmer ihren Dienstwagen nach Kündigung zurückgeben?

Kernfrage
Wird Arbeitnehmern ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung überlassen, stellt der Dienstwagen einen Gehaltsbestandteil dar, den der Arbeitnehmer versteuern muss. Wird das Arbeitsverhältnis gekündigt und ist arbeitsvertraglich nichts geregelt, ist der Dienstwagen erst mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitgeber zurückzugeben. Deshalb sehen Arbeitsverträge Regelungen zur vorzeitigen Rückgabe von Dienstfahrzeugen vor. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr über die Wirksamkeit solcher Rückgabeklauseln, hier in Form des Widerrufs der Gewährung eines Dienstfahrzeugs, sowie die Angemessenheit ihrer Ausübung zu entscheiden.

Sachverhalt
Nachdem ein Arbeitnehmer die Eigenkündigung erklärt hatte, verlangte der Arbeitgeber die unverzügliche Rückgabe eines überlassenen Dienstfahrzeugs (des einzigen Fahrzeugs des Arbeitnehmers). Diese erfolgt am Tag nach der Kündigung; ab diesem Tag war der Arbeitnehmer freigestellt. Grundlage war eine Regelung im Arbeitsvertrag, die vorsah, dass ein Dienstwagen zurückzugeben war, sobald eine Freistellung erfolgte. Gleichzeitig schloss der Arbeitsvertrag Schadensersatzansprüche aus. Dennoch machte der Arbeitnehmer Schadensersatzansprüche wegen der vorzeitigen Beendigung der Dienstfahrzeugnutzung in Höhe einer Ausfallentschädigung geltend.

Entscheidung
Der Arbeitnehmer bekam vor dem BAG Recht. Zwar urteilte das Gericht, die Klausel, die einen Widerruf der Fahrzeuggestellung mit Beginn der Freistellung ermögliche, sei auch unter den Gesichtspunkten Allgemeiner Geschäftsbedingungen wirksam, weil der Rückgabezeitpunkt klar geregelt sei. Ungeachtet dessen stehe dem Arbeitnehmer der Ersatzanspruch zu, weil der Widerruf der Fahrzeuggestellung im konkreten Fall unangemessen gewesen sei. Zum einen habe der Arbeitgeber den Widerruf nicht begründet, zum anderen habe der Arbeitnehmer kein anderes Fahrzeug gehabt. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer den geldwerten Vorteil der privaten Nutzung für den vollen Monat, in den der Widerruf fiel, habe versteuern müssen.

Konsequenz
Regelungen in Arbeitsverträgen zur sofortigen Rückgabe eines Dienstfahrzeugs sind, wenn sie klar formuliert sind, wirksam. Allerdings wird der Arbeitgeber bei Widerruf nicht umhin kommen, eine Angemessenheitsprüfung vorzunehmen, um sich nicht Schadensersatzansprüchen ausgesetzt zu sehen.

18. Anspruch auf bestimmten Inhalt einer verbindlichen Auskunft?

Kernaussage
In der Praxis besteht oftmals ein erhebliches Interesse, vom Finanzamt eine verbindliche Auskunft über die steuerliche Behandlung bestimmter geplanter Sachverhalte zu erhalten. Wird sodann eine Negativauskunft erteilt, kann diese nur dahingehend gerichtlich überprüft werden, ob die gegenwärtige rechtliche Einordnung schlüssig und nicht offensichtlich unrichtig ist.

Sachverhalt
Der Kläger beantragte eine verbindliche Auskunft zur Steuerbarkeit einer Erbbaurechtsbestellung an 2 landwirtschaftlichen Grundstücken zu Erschließungszwecken. Nach seiner Auffassung sollte durch diese Erbbaurechtsbestellung noch kein einkommensteuerlich relevantes privates Veräußerungsgeschäft realisiert werden, weil das wirtschaftliche Eigentum nicht bereits bei Abschluss des Erbbaurechtsvertrags auf den Erbbauberechtigten übergehe. Das beklagte Finanzamt stimmte dem nicht zu und teilte dies in seiner verbindlichen Auskunft mit. Hiergegen richtet sich die Klage, mit der der Kläger die erteilte Auskunft auf ihre inhaltliche Richtigkeit voll überprüft haben möchte. Klage und Revision blieben erfolglos.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) stellte fest, dass eine verbindliche Auskunft gerichtlich nur dahingehend zu überprüfen ist, ob die rechtliche Einordnung des Sachverhalts in sich schlüssig ist und nicht evident rechtsfehlerhaft ist. Die verbindlichen Auskunft hat damit lediglich den Anforderungen eines fairen rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens zu genügen. Die materielle (inhaltliche) Richtigkeit der Auskunft ist hingegen erst im Besteuerungsverfahren, also im Rahmen der Anfechtung des konkreten Steuerbescheides zu überprüfen. Diese beschränkte Überprüfbarkeit ergibt sich aus der Funktion bzw. dem Regelungsgehalt der verbindlichen Auskunft. Sie soll dem Steuerpflichtigen insoweit Planungs- und Entscheidungssicherheit geben, als sie lediglich regelt, wie die Finanzbehörde gegenwärtig eine hypothetische Gestaltung beurteilen würde. die verbindliche Auskunft trifft indes keine Aussage über die Rechtmäßigkeit einer Steuerfestsetzung.

Konsequenz
Auch die Negativauskunft enthält die Zusicherung einer bestimmten künftigen steuerlichen Behandlung. Will der Steuerpflichtige dennoch den Sachverhalt verwirklichen, wird er zwangsläufig mit einem Rechtsstreit rechnen müssen. Weshalb nicht bereits im Vorfeld eine umfassende gerichtliche Überprüfung stattfinden soll, ist für den Steuerpflichtigen unter prozessökonomischen Aspekt schwer nachvollziehbar.

19. Gaspreiserhöhung muss angekündigt werden

Kernaussage
Nach der so genannten europäischen Erdgasbinnenmarktrichtlinie muss ein Gasversorger dem Kunden jede Preiserhöhung vorab mitteilen und auch über das Kündigungsrecht informieren. Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied kürzlich, dass diese Richtlinienvorgaben in der für Gas-Haushaltskunden geltenden Verordnung nicht vollständig umgesetzt werden.

Sachverhalt
Die beklagte Gaskundin bezieht von dem klagenden Gasversorger Gas. Die Kundin unterliegt der Grundversorgung mit Erdgas, die Vertragsbeziehung ist durch faktischen Bezug zustande gekommen. Für den Zeitraum von September 2005 bis September 2010 stellte der klagende Gasversorger der Kundin Preiserhöhungen in Rechnung. Die Kundin zahlte nicht, da die Preiserhöhungen nicht gerechtfertigt seien. Insgesamt beläuft sich die Klageforderung auf über 5.000 EUR. Zunächst obsiegte das Gasunternehmen, verlor jedoch vor dem Oberlandesgericht.

Entscheidung
Nach Ansicht der Richter muss die beklagte Kundin nicht zahlen. Zwar steht dem Gasversorger ein einseitiges Preisanpassungsrecht zu; allerdings müssen bei Preisanpassungen die Vorgaben der Erdgasbinnenmarktrichtlinie zum Verbraucherschutz und zur Transparenz beachtet werden. So muss den Kunden bei einer Änderung der Vertragsbedingungen ein Rücktrittsrecht gewährt werden, die Kunden müssen über beabsichtigte Änderungen der Vertragsbedingungen unterrichtet werden, es muss eine Information über das Rücktrittsrecht erfolgen und Gebührenerhöhungen müssen mit angemessener Frist mitgeteilt werden. In der entsprechenden deutschen Verordnung fehlt indes die Belehrung über das Kündigungsrecht des Kunden, in der bis November 2006 geltenden (Alt-)Verordnung mangelte es an der Verpflichtung der Gasversorger zur Information des Kunden über eine Preisänderung. Jedoch sind die Richtlinienbestimmungen hier im Wege der richtlinienkonformen Auslegung in die nationalen Vorschriften hineinzulesen. Entsprechend der fehlerhaften Verordnungen wurde die Kundin nicht ausreichend belehrt. Die Verstöße gegen die Erdgasbinnenmarktrichtlinie führen hier dazu, dass die Preiserhöhungen nicht durchsetzbar sind.

Konsequenz
Durch die Entscheidung wird der Verbraucherschutz gegenüber Gasversorgern gestärkt. Den Transparenzanforderungen der Erdgasbinnenmarktrichtlinie muss vollumfänglich Rechnung getragen werden. Bei einem Verstoß bestehen nicht nur Schadensersatzansprüche, sondern es kann schon keine Zahlung verlangt werden. Das letzte Wort hat jetzt der Bundesgerichtshof.

20. Falschangaben über Urlaubsabgeltung im Kündigungsschreiben anfechtbar?

Rechtslage
Teilt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer schriftlich mit, dass dem Arbeitnehmer bestimmte Ansprüche zustehen, dann kann dieser hierauf in der Regel vertrauen. Ausnahmen können dann bestehen, wenn der Arbeitnehmer erkennen musste, dass die Mitteilung des Arbeitgebers falsch ist oder die Erklärung durch den Arbeitgeber angefochten wird. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hatte nunmehr über die rechtliche Einordnung der Mitteilung von Resturlaubsansprüchen in einem Kündigungsschreiben zu entscheiden.

Sachverhalt
Der Arbeitgeber kündigte dem Arbeitnehmer und teilte diesem - auf Wunsch des Arbeitnehmers - im Kündigungsschreiben mit, dass eine Urlaubsabgeltung von 43 Tagen erfolge. Diese Urlaubsabgeltung klagte der Arbeitnehmer ein, nachdem der Arbeitgeber mit der Begründung, die Angabe im Kündigungsschreiben sei aufgrund einer Umstellung der Zeiterfassung unzutreffend erfolgt, lediglich 33 Urlaubstage abgelten wollte.

Entscheidung
Das LAG Köln gab dem Arbeitnehmer Recht. Die Angabe im Kündigungsschreiben stelle ein (deklaratorisches) Schuldanerkenntnis dar und begründe damit einen Anspruch auf die mitgeteilte Urlaubsabgeltung. Dieses Anerkenntnis habe mit der Begründung, das Zeiterfassungssystem habe eine fehlerhafte Berechnung erstellt, nicht angefochten werden können, weil nur ein unbeachtlicher Irrtum vorliege. Auch sei der Arbeitnehmer nicht aus allgemeinen Treueerwägungen gehindert, die volle Urlaubsabgeltung zu verlangen, selbst wenn nachträglich feststünde, dass die zunächst mitgeteilte Urlaubsabgeltung falsch sei. Insoweit habe der Arbeitnehmer auf die zuerst mitgeteilte Urlaubsabgeltung vertrauen dürfen.

Konsequenz
Die Mitteilung bestehender Ansprüche von Arbeitnehmern in Kündigungsschreiben wird als Schuldanerkenntnis gewertet werden müssen. Mit anderen Worten, teil der Arbeitgeber mit Kündigung das Bestehen konkreter Ansprüche mit, werden diese verbindlich. Insoweit bleibt es dabei, Kündigungsschreiben möglichst schlank auszugestalten und Ansprüche im Rahmen einer Auflösungsvereinbarung oder einem Vergleich zu regeln.

21. Geltendmachung von Urlaubsabgeltung im laufenden Urlaubsjahr?

Kernfrage
Bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses noch nicht genommener Urlaub ist nach den Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes in Geld abzugelten. Nach bisherigem Verständnis war der Urlaubsabgeltungsanspruch zwar kein Urlaubsanspruch, sondern nur ein Geldanspruch; er wurde aber als Ersatz des Urlaubsanspruches verstanden. Damit fanden bisher die Fristenregelungen des Urlaubs mit der Folge Anwendung, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch mit dem Kalenderjahresende unterging. Für den Abgeltungsanspruch solcher Arbeitnehmer, die krankheitsbedingt ihren Urlaub nicht nehmen konnten und deren Arbeitsverhältnis endete, hatte die Rechtsprechung diese Auffassung bereits aufgegeben. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat dies nunmehr auch für den Abgeltungsanspruch des arbeitsfähigen Arbeitnehmers, dessen Arbeitsverhältnis endete, getan.

Sachverhalt
Das Arbeitsverhältnis des klagenden Arbeitnehmers war durch Urteil im November zum Juli des Folgejahres für beendet erklärt worden. Im Folgejahr machte der Arbeitnehmer Urlaubsabgeltungsansprüche mit Rücksicht auf seinen Resturlaub aus dem Beendigungsjahr geltend, bliebt allerdings bis zum BAG ohne Erfolg.

Entscheidung
Das BAG gab seine bisherige Rechtsauffassung, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch als sogenannter Surrogatsanspruch den Fristen des Urlaubsanspruchs unterliege, auf und stellte den Abgeltungsanspruch zugunsten des Klägers fest. Maßgeblich sei, dass der Abgeltungsanspruch eben nicht dem Urlaubsanspruch entspreche, sondern ein selbstständiger Geldanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei. Entsprechend könnten auch nicht die Fristen des Urlaubsanspruchs Anwendung finden. Darüber hinaus sei kein sachlicher Grund ersichtlich, nach dem arbeitsfähige Arbeitnehmer im Hinblick auf die Urlaubsabgeltung anders behandelt werden könnten als arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer.

Konsequenz
Die Entscheidung ist dem Verständnis, dass Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruch 2 selbstständige Ansprüche bilden, zutreffend. Für Arbeitgeber bedeutet sie allerdings ein wirtschaftliches Risiko; hier wird wohl lediglich eine wirksame arbeitsvertragliche Ausschlussklausel wenigstens insoweit Sicherheit bringen, als dass der Abgeltungsanspruch bis zum Ablauf der Ausschlussfrist geltend gemacht worden sein muss.

22. Falschauskunft des Arbeitgebers kann Indiz für Diskriminierung sein

Kernfrage
Bei Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über Diskriminierungshandlungen sieht das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zugunsten des Arbeitnehmers eine Beweislastumkehr dergestalt vor, dass der Arbeitnehmer lediglich Indizien vortragen muss, um die Diskriminierungshandlung glaubhaft zu machen. Der Arbeitgeber muss dann den vollen Beweis führen, dass die Diskriminierung gerade nicht vorgelegen hat. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte jüngst darüber zu befinden, ob eine falsche Auskunft des Arbeitgebers bereits als Indiz für eine Diskriminierung ausreicht.

Sachverhalt
Eine türkischstämmige Arbeitnehmerin, die überdurchschnittliche Zeugnisse besaß, war nach 2 Befristungen nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen worden. Begründet wurde dies mit Leistungsmängeln der Arbeitnehmerin. Diese nahm den Arbeitgeber auf Schadensersatz und Entschädigung wegen einer Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft in Anspruch. Zur Begründung führte sie aus, die Begründung ihrer Nichtübernahme mit Leistungsmängeln sei angesichts ihrer Zeugnisse falsch. Außerdem arbeite beim Arbeitgeber kein anderer Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund. Zudem habe der Arbeitgeber zunächst behauptet, der Arbeitsplatz falle aufgrund einer Fusion weg.

Entscheidung
Im Ergebnis hob das BAG zwar "nur" die Vorentscheidung auf und verwies zur erneuten Verhandlung zurück. Allerdings gaben die Richter dem erstinstanzlichen Landesarbeitsgericht auf, darüber Beweis zu erheben, ob das erteilte Zeugnis oder die Begründung der Nichtübernahme mit Leistungsmängeln falsch ist. Auch die Frage, ob zunächst eine Fusion zur Begründung herangezogen worden sei, müsse geklärt werden. Jedenfalls sei eine Falschauskunft grundsätzlich geeignet, eine Diskriminierung zu indizieren.

Konsequenz
Die Entscheidung überrascht nicht. Angesichts eines offensichtlich vorliegenden Diskriminierungsmerkmals in der Person des Arbeitnehmers wird eine Falschauskunft immer eine Diskriminierung nahe legen. Das heißt, die einmal abgegebene Begründung muss zutreffend sein.


Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen



Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
www.gißewski.de